MdB Hartwig Fischer am FKG
Kriege,Waffenhandel,Kindersoldaten - Globalisierung macht vor Afrika nicht halt
Politikunterricht im Felix-Klein-Gymnasium ( EA Politik 12 / Lüth; 11k1/ Dr. Bahlke)
Die knapp vierzig Schüler schweigen, während ihnen MdB Hartwig Fischer (CDU) die erschreckenden Fotos seiner Reisen durch Afrika zeigt. „So still seid ihr im Unterricht doch sicher auch", scherzt er. Stacheldrahtumzäunte Landschaften, sterbende Kleinkinder und aufeinander getürmte Maschinengewehre sorgen für die Stille im Raum. „Im kriegszerrütteten Kongo", so sagt der Bundestagsabgeordnete, „starben in den vergangenen Jahren Millionen Kongolesen."
Ausgelöst würden diese Todesfälle nicht nur durch Angriffe der regierungsfeindlichen Milizen, sondern auch durch mangelnde Infrastruktur, die zu einer Unterversorgung an Nahrung und medizinischer Hilfe führe.
Als Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bereiste MdB Hartwig Fischer mehrfach den Sudan, wo die Flüchtlingslager überquellen und ganze Regionen nicht mehr von den UN-Helfern versorgt werden können. Die Bevölkerung ist von Angriffen gebeutelt. Angriffe, die nicht nur von Rebellen, sondern sogar von der eigenen Regierung ausgehen. Die in Kenia herrschende Dürre und der Bürgerkrieg in Uganda stellen ähnliche Herausforderungen für Hilfsorganisationen zahlreicher Nationen dar. Etliche Helfer geben ihr Bestes, um diesen Zuständen entgegen zu wirken.
90 Prozent der 30 000 Kindersoldaten im Kongo wurden bereits mit deutscher Hilfe rehabilitiert, das Bauen von Straßen sorgt für Arbeit und Infrastruktur, das Errichten von Schulen und Spenden von Schreibmaterialien bringt Bildung. In Kenia organisierten die deutschen Helfer Transportmittel, mit deren Hilfe Nahrung aus dem fruchtbaren Teil des Landes in Dürregebiete geschafft werden konnte. Außerdem wurden Brunnen in den Trockengebieten gebohrt, um die Wasserversorgung zu verbessern. Die Unterstützung der UN hilft den Ländern, sich selbst zu helfen und ihre Wirtschaft zu stabilisieren.
Botsuana ist eine der ersten Erfolgsgeschichten. Das vormals abhängige Land schaffte es, durch staatlich kontrollierten Diamantenhandel die UN-Zuschüsse von 80 Prozent auf 20 Prozent zu senken. Damit erwirtschaftet es 80% seines Bedarfs an finanziellen Mitteln nunmehr selbst und wird, so hofft Fischer, schon bald auf eigenen Beinen stehen. Vor allem aber wünscht sich Fischer, dass die Öffentlichkeit auf die Lage Afrikas aufmerksam wird, denn „es gibt keine „Dritte Welt" – es gibt eine Welt und wir alle sind für sie verantwortlich."
Insa Schiffmann, Philipp Seibt
Deutschland und die „Dritte Welt"
- ein Vortrag von MdB Hartwig Fischer am Felix-Klein-Gymnasium am 9.2.2007
(Protokoll: Lena Heilmann)
Im Göttinger Tageblatt von Samstag konnte man einen Artikel lesen, in dem es hieß, Hartwig Fischer begrüße, dass Ghana den Vorsitz in der Afrikanischen Union (AU) übernehme. Wie sonst auch oft, wurden hier Informationen verkürzt wiedergegeben. Denn die Alternative wäre es gewesen, dass der Staatschef des Sudan, der die Vertreibung der Bevölkerung Darfurs unterstützt, diese wichtige Position eingenommen hätte. Fischer ist der Meinung, dass dieser Artikel dem Leser wenig Informationen gäbe und deswegen sei er sehr glücklich vor unserer Klasse referieren zu können.
„Es gibt keine „Dritte", sondern nur eine Welt!" – Zitat Hartwig Fischer
In der Elfenbeinküste, dem Sudan und in Somalia herrscht zur Zeit Krieg. Überfliegt man die Grenze von Kenia und dem Kongo, über den Victoriasee, bekommt man eine wunderschöne Landschaft zu sehen. Und auch die Medien berichten wenig über die Konflikte im Kongo. Erst als die Bundeswehr mit anderen Soldaten der EU gemeinsam letztes Jahr die Beobachtung und Kontrolle zur Durchführung von demokratischen Wahlen in der Demokratischen Volksrepublik Kongo übernehmen sollte und übernommen hatte, wurde mehr Interesse am Kongo gezeigt. Nachdem dort die neue Regierung unter Kabila nun gebildet worden ist, wird die Aufmerksamkeit wieder auf andere Länder gerichtet.
Die deutsche Entwicklungshilfe verteilt im Kongo Hacken und weitere Geräte zur Bearbeitung des Bodens sowie Saatgut. Dadurch können sie, wenn sie die Flüchtlingslager verlassen, wieder in ihren angestammten Gebieten siedeln und sich von der Ernte selbst ernähren. Für $2 Lohn an die Arbeiter pro Tag werden damit außerdem Straßen gebaut, die vorher kaum vorhanden waren.
2003 wurden Missionare in einen Missionshaus getötet und auch in einer Schule wurden 300 Frauen und Kinder niedergemetzelt. Oft sind Kindersoldaten die Mörder. Es gab ca. 30.000 allein im Kongo. Sie wurden und werden entweder von ihren Eltern geraubt, von ihren Eltern (mehr oder weniger freiwillig) zur Verfügung gestellt oder sie laufen von zu Hause weg, weil sie der Meinung sind, dass sie als Kindersoldat ein besseres Leben erwartet. In Projekten der Entwicklungshilfe werden sie rehabilitiert: sie lernen u.a. lesen und schreiben. Dass die meisten Kindersoldaten nicht lesen können, ist ein großes Problem. Deshalb können sie nicht durch Flugblätter erreicht werden. So können die Kindersoldaten nur „gerettet" werden, wenn ihre Milizenführer sich ergeben. Seit 2003 wurden schon 27.000 Kindersoldaten „gerettet", so dass nun „nur" noch 3.000 weiter kämpfen.
Ein Kongolese verdient ca. $25 im Monat. Die UN-Truppen im Kongo kosten eine Milliarde Dollar pro Jahr.
250.000 Euro wurden durch eine Aktion von RTL eingenommen. Mit diesem Geld wurde eine Berufsschule in Ruanda gebaut. Und auch Fußbälle sind beliebt. Sie symbolisieren Fairness und werden nicht an einen Einzelnen gegeben, sondern an eine ganze Gruppe.
Die Milizen benutzen Vergewaltigung als eine Art Kriegswaffe. Wenn eine Frau in Afrika „beschmutzt" (vergewaltigt) wird, wird sie von ihrem Stamm vertrieben. Deshalb schweigen die Frauen. Um die Stämme dennoch auszurotten, hacken die Milizen den Frauen Hand, Ohr usw. ab, damit deutlich wird, dass diese Frau „beschmutzt" ist.
In Khartum, im Sudan, lebte MdB Hartwig Fischer in einem früheren "Hilton Hotel", das er eigentlich nicht verlassen durfte. Er besuchte Flüchtlingslager, in denen Fragen wie „Wann könnt ihr uns helfen" auf ihn niederprasselten. Das Flüchtlingslager war eigentlich für 6.000 Menschen gedacht, mittlerweile leben dort allerdings 100.000. Frauen und Kinder; sie warten von morgens bis abends in Schlangen auf Medizin und Nahrung. Da aber afrikanische Frauen sich niemals vordrängeln würden, verenden viele Kinder in den Armen ihrer wartenden Mütter. Krankenschwestern laufen deshalb mittlerweile durch die Reihen um schlimme Fälle zuerst zu behandeln. Es herrschen zwischen 46 und 60 Grad Celsius im Sudan und jeden Tag sterben zwischen fünf bis sieben Kinder im Flüchtlingslager (in der Trockenzeit) und vier- bis fünfmal so viele in der Regenzeit.
Seit drei Jahren hat es im Norden Kenias nicht mehr geregnet. Selbst die Raubtiere kommen nicht hinterher, die verendeten Nutztiere der Nomaden zu fressen. Die Amerikaner versorgen die Nomaden schon mit Futter und Nahrung, dennoch sterben viele der Menschen und Tiere. Die Ironie des Schicksals will es so, dass der Süden sogar einen Überschuss an Nahrungsmitteln, wegen guter Ernte, hat. Die deutsche Entwicklungshilfe kauft deswegen die Nahrungsmittel des Südens auf und verteilt sie im Norden. Trotzdem sterben zwischen 20 und 25% der Nomadenkinder, da ihre Eltern zu spät ein Krankenhaus aufsuchen.
Uganda ist seit 20 Jahren in Nord und Süd geteilt. Die Lord's Resistance Army übt Terror aus. Eigentlich leben die Menschen in kleinen Dörfern zusammen, jedoch weit von einander entfernt. Durch die Situation mussten sie in Flüchtlingslagern unterkommen, von denen sie sich noch nicht einmal 3 km weit entfernen dürfen, da die Regierung nicht unterscheiden kann, wer Rebell ist und wer nicht. Für die ugandische Bevölkerung ist das ein völliger „Kulturschock" so eng mit anderen Menschen zusammenzuleben und sich nicht frei bewegen zu können. Jetzt verbessert sich die Sicherheitslage.
Die Entwicklungshilfe bemüht sich deshalb darum, den Menschen zu helfen. Es werden Wasserlöcher gebaut, zu denen die Menschen ca. 7 km weit laufen müssen und Schubkarren, Werkzeug, Saatgut usw. werden verteilt, damit sie nach Verlassen der Flüchtlingslager siedeln können.
In Lagos, der größten Stadt Nigerias, leben ca. 16 bis 18 Millionen Menschen. Die Wasser-, Boden- und Luftbelastung ist jedoch zehn mal so hoch wie in Nordrhein-Westfalen, bei gleicher Einwohnerzahl. Man sollte also lieber Nigeria bei der Verbesserung ihrer Umweltstandards helfen, als sich über die deutschen bzw. europäischen zu streiten.
Herr Fischer hat auch Erfahrungen mit Sansibar gemacht. Seine Tochter unterstütze ein Projekt dort. In einem kleinen Dorf ca. 2 Stunden von der Stadt weg, war nur die Hälfte der Einwohner jemals in der Stadt gewesen. Die allerdings, die schon einmal das spannende Leben der Stadt erleben durften, wollten sofort mit dem ersten Schiff nach Europa.
„Die eine Hälfte der Welt kann nicht ohne die andere leben!" – Zitat Hartwig Fischer
30.000 Kinder sterben pro Tag. Hartwig Fischer will helfen: www.30000-Kinder-sterben-taeglich.de
„Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg in Afrika."
Protokoll zur Fragestunde mit MdB Fischer 9.2.2007 von Tobias Kässmann
Sind sich die Menschen in Afrika ihrer eigenen Lebenslage bewusst?
Zum größten Teil nicht, da sie nichts anderes gewohnt sind und die Medien nicht so gut wie in europäischen Ländern vertreten sind. Deswegen können die Menschen nicht aufgeklärt werden. Nur durch die Entwicklungshelfer bekommen sie Informationen über andere Länder.
Wie viele Kindersoldaten gibt es zurzeit im Kongo?
Im Kongo gibt es wohl nur noch 3000 Kindersoldaten. Diese Zahl wird in nächster Zeit auf 2000 sinken. Nach der Resozialisierung können sich die Kindersoldaten aussuchen, ob sie 100 Dollar für die Existenzgründung oder 25 Dollar für jede Waffe bekommen möchten.
Wie ist die derzeitige Lage in Darfur?
In Darfur ist keine sichere Lage. Die Hilfe von europäischen Ländern oder der UN ist zu gering. Laut Herrn Fischer muss die UN intensiver handeln. Das Schlimmste ist, dass die Regierung in Darfur mit den Rebellen zusammenarbeitet und denen Waffen gibt. Daher kann nicht allzu bald Ruhe einkehren.
Ist Afrika der Verlierer der Globalisierung?
Nicht unbedingt. Es liegt öfters an den afrikanischen Ländern selbst. Es werden z.B. Waffen gegen Diamanten getauscht, anstatt die Diamanten zu exportieren. Ganz anders in Botswana: Mittlerweile stellt die Regierung selbst ihren Haushaltsplan auf, den sie auch selber finanzieren. Vor einigen Jahren war dies noch anders.
Wie war die Aufnahme/Begrüßung in Afrika?
Es war ein sehr, sehr freundlicher Empfang. Obwohl die Menschen dort selber nicht viel haben, versuchen sie den Gästen das Beste zu bieten.
Wer engagiert sich für die Entwicklungshilfe?
Technische Dienste/Entwicklungsdienste (z.B. GTZ) helfen bei der Verbesserung der Lage mit. Mittlerweile gibt es europaweit eine gute Organisation, sodass nicht mehr allzu viel Chaos herrscht und ein organisiertes Helfen stattfinden kann. Es gehen zwar öfters auch einige Projekte schief(z.B. sind die Geräte für die medizinische Versorgung vorhanden, aber keiner kann sie bedienen), jedoch fällt das Fazit der Entwicklungshilfe zu 95 Prozent positiv aus. Das Ziel der deutschen Entwicklungshilfe ist es, einen afrikanischen Staat so zu fördern, dass er einen Haushaltsplan aufstellen sowie mit selbst erwirtschafteten Geldern und mit den Geldern, die der Staat aus der Entwicklungshilfe bekommt, eigenverantwortlich umgehen kann.
Gab es eine Verbesserung der Lebenslage in Afrika in den letzten Jahren?
Ja, bloß AIDS und Überbevölkerung werfen viele Länder zurück. Die Menschen sind nicht gut genug aufgeklärt. Es dauert ca. noch 40 -50 Jahre, bis so gut wie alle afrikanischen Länder eine gute Struktur haben.
Wie kann man als Privatperson helfen?
Man kann Geld für verschiedene Projekte der Organisationen spenden (einige Organisationen stehen auf der Homepage von Hartwig Fischer).
Desweiteren bot Hartwig Fischer uns Schülern an, ein Praktikum im Bundestag bei ihm zu machen, wenn man sich für die Entwicklungshilfe interessiert. In diesem Praktikum wird man gleich verschiedene Projekte kennen lerne, wird bei der Projektarbeit integriert und muss bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen mitarbeiten.