03.06.2002 - Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist
Festkonzert zum 40-jährigen Jubiläum des Göttinger Knabenchors
Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist
Von Bernd Stopka
Vor vierzig Jahren wurde der Göttinger Knabenchor gegründet. Seine Ursprünge liegen im Schulchor des Felix-Klein-Gymnasiums. Die Jubiläumsfeier am Sonnabend in dessen Aula stand also auf geschichtsträchtigem Boden.
Frank-Peter Arndt, Mitglied des Kulturausschusses, überbrachte Glückwünsche der Stadt Göttingen und einen Scheck über 150 Euro. "Mehr hat die Stadt halt nicht mehr", fügte er entschuldigend hinzu. Das weiß der Chor, der dringend auf Spenden und Sponsoren angewiesen ist. Ihnen, den Eltern und allen Helfern dankte Herbert Schur, der Vorsitzende des Fördervereins. Er legte die Geschichte des Chores dar und stellte für die Zukunft eine "Auseinandersetzung mit dem musikalischen Zeitgeist, auch im Bereich der Popmusik" in Aussicht.
Posthume Uraufführung
Am Ort seiner Entstehung feierte der Chor sein Jubiläum mit Kompositionen seines Gründers Franz Herzog, zwei Tage nach dessen fünfundachzigstem Geburtstag. Als posthume Uraufführung sang Chor-Stimmbildner Andreas Kompalla, vom jetzigen Chorleiter Stefan Kaden am Klavier begleitet, die geistreichen Vertonungen der Ringelnatz-Gedichte "Ein Nagel saß an einem Stück Holz" und "Die Schnupftabakdose".
Herzogs Musik zu Christian Morgensterns "Palmström", 1957 vom FKG-Schulchor uraufgeführt, spiegelt den gegen das Establishment stichelnden Zeitgeist dieser Jahre. Schon damals spielte Falk Zimmer den Klavierpart. Seitdem ist er dem Chor als einfühlsamer, zuverlässiger und, wenn es gefragt ist, auch swingender Begleiter treu geblieben. Am zweiten Klavier saß diesmal Michael Schäfer. Köstlich, wie die beiden den pianistischen "Disput zwischen Palmström zbd v. Korf" führten. Jan Paul Sommer (Gitarre) und Hannes Neumann (Kontrabass) steuerten fetzige Rhythmen bei.
Mit viel Elan leitete Stefan Kaden die hinreißend lebendige Komposition, die in ihrem Verlauf immer jazziger wird und zum Mitwippen und Mitschnippen verführt. Damit die wortverspielten Texte nicht unerkannt bleiben, wurden sie von Harald Just, punktgenau den Nerv treffend, rezitiert. So übertrug sich der Spaß; an dem Weg sehr schnell von der Bühne in den Saal.
Kultureller Auftrag
Zugabe: Der Boogie "Korf-Münchhausen" da capo. Kaden bat alle Ehemaligen dazu. Da wurde es auf der Bühne eng und im Klang voll, und man dachte mit leiser Wehmut an die Zeiten, in denen der Chor die doppelte Größe hatte. Beim anschließenden Sommerfest wurde manche Erinnerung ausgetauscht und manches Wiedersehen gefeiert. Neben dem kulturellen Auftrag der Chorarbeit steht auch der Gemeinschaftssinn - beides ist nicht nur wichtig, sondern auch schön.