08.04.2008 - Abitur nach Klasse 12 oder 13?
Zwölf Jahre bis zum Abi – sollen Schulen wählen?
Vorschlag der Grünen stößt an Gymnasien auf Kritik und wird von Gesamtschulen begrüßt
Göttingen (us). Die Klagen von Schülern, Eltern und Lehrern über den schnellen Spurt in zwölf Jahren bis zum Abitur reißen nicht ab. Eine Wahlfreiheit für Gymnasien, ob sie die Reifeprüfung nach zwölf oder 13 Jahren anbieten, lehnen Schulleiter aus dem Raum Göttingen allerdings überwiegend ab. Der Vorschlag kommt von den Grünen: „Wir sollten Schulen, Eltern und Schülern eine echte Wahlmöglichkeit räumen", hatte die schulpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Ina Korter, gefordert. Jeder Schüler hätte dann die Wahl, ob er den langsameren, aber nachhaltigeren Weg des Lernens einschlägt oder ein schnelles Abitur macht. Für Gymnasien sei das vielleicht eine gute Idee, sagt die Leiterin der Geschwister-Scholl-Gesamtschule, Marion Jüttner-Hötker. „Wir haben uns aber bewusst für 13 Jahre entschieden, um Schülern einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen." (...) An Gymnasien hingegen gibt es Vorbehalte: „Ich halte nichts davon", sagt Thomas Häntsch vom Felix-Klein-Gymnasium. Inzwischen werde das Abitur in allen Bundesländern nach Klasse zwölf abgenommen. Individuelle Wege führten zu einem Flickenteppich. Außerdem seien nicht alle Gymnasiasten im verkürzten System überfordert. Offen sei zudem, ob die Kultusministerkonferenz den Lehrstoff wie von Niedersachsen gefordert entrümpeln wird.
Verkürzung „positiv"
Auch Wilfried Bergau-Braune vom Hainberg-Gymnasium ist dagegen, „innerhalb eines Systems zwei Zeiten vorzusehen". Zudem sei das Angebot schon jetzt sehr flexibel: mit 13 Jahren bis zum Abitur an Gesamtschulen und Fachgymnasien oder Lernpausen für Auslandsaufenthalte. Außerdem seien zwölf Jahre eine angemessene Zeit, wenn die Lerninhalte wie geplant überprüft werden und „ernsthaft" die Ganztagschule umgesetzt wird. Schon organisatorisch ist es für den Leiter des Max-Planck-Gymnasiums, Wolfgang Schimpf, undenkbar, eine Doppelstruktur mit zwei parallel aufgestellten Lehrplänen innerhalb einer Schule aufzubauen, um Schülern volle Wahlfreiheit zu bieten. Und: „Wir sehen die Verkürzung der Schulzeit im Übrigen durchweg positiv." Die Leiterin des Northeimer Gymnasiums Corvinianum, Helga Olejnik, ist der Meinung, „dass es bei den Gymnasien bei einer einheitlich festgelegten Schulzeitdauer bleiben soll". Im vielfältig gegliederten Schulwesen mit seiner Durchlässigkeit habe jeder Schüler viele Möglichkeiten, den für ihn passenden Weg zu wählen. Auch Rita Engels vom Otto-Hahn-Gymnasium plädiert für eine einheitliche Regelung. Schon jetzt seien Schulwechsel über Landesgrenzen für Kinder oft schwierig – zum Beispiel durch den unterschiedlichen Beginn der 2. und 3. Fremdsprache. Auch für die Chefin des Theodor-Heuss-Gymnasiums, Ulrike Koller, ist „ein Nebeneinander" verschiedener Systeme problematisch und vor allem auch „nicht erforderlich".
Bessere Ausstattung
Das sogenannte G8-Modell sei zwar ungewohnt, aber nicht unzumutbar, so Koller. Damit die erhöhen Wochenstundenbelastungen ab Klasse 7 erträglich sind, müssten folgende Voraussetzungen erfüllt werden: gut ausgestattete Mensen, Aufenthaltsräume, eine neuen Einstellung der Lehrer zu – künftig weniger und länger gestreckten – Hausaufgaben. Außerdem müssten Vereinsangebote und private Aktionen für Sport und Musik dann in die frühen Abendstunden verschoben werden – wenn die Kinder zurück sind aus der Ganztagsschule.