19.01.2012 - Für ehemalige FKG-Schülerin hat sich das IB bewährt
Alternative zum Abitur
A-Level oder IB – welcher Schulabschluss ist besser?
Internationalität zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Biografie. Viola Wiegand belegte den bilingualen Zweig des Felix-Klein-Gymnasiums in Göttingen. Für ein Auslandsjahr ging sie nach Texas. Heute studiert sie Englische Linguistik in Hongkong. Dafür war es nützlich, dass ihre Schule neben dem Abitur auch das International Baccalaureate (IB) anbot. Denn über diesen Abschluss erhielt sie von der chinesischen Hochschule ein Vollstipendium.
Internationale Schulabschlüsse werden für deutsche Schüler zunehmend interessant. Das gilt für jene, die wie Viola Wiegand mit einem Studium im Ausland liebäugeln. Aber auch für die, denen das deutsche Schulsystem Zwänge auferlegt, sagt Mirjam Auweiler, Internatsberaterin beim Carl Duisberg Zentrum in Köln. Nach der Verkürzung der Oberstufe sei es für die Schüler nicht mehr so einfach, eine Auszeit im Ausland zu nehmen. „Die Unsicherheit, ob die Leistungen an der Gastschule für das Abitur anerkannt werden, lässt die Eltern Nägel mit Köpfen machen: Die Kinder machen dann direkt den Abschluss im Ausland."In Deutschland bieten gerade mal 49 Schulen das „International Baccalaureate" (IB) an, 31 davon sind Internate oder International Schools, 18 normale Gymnasien. Wenn Schüler auf ein Internat ins Ausland wechseln, können sie sich häufig zwischen dem IB und den britischen „A-Levels" entscheiden. Die Abschlüsse unterscheiden sich deutlich in Inhalt, Aufbau und den anschließenden Studienmöglichkeiten.
Das IB umfasst ein zweijähriges Programm ähnlich der deutschen gymnasialen Oberstufe. Die Schüler belegen sechs Fächer: drei davon mit 150 Stunden für den „Standard Level" und drei mit 240 für den „Higher Level". Ähnlich wie beim Abitur müssen Pflichtbereiche abgedeckt werden. Beim IB sind es fünf: Sprache und Literatur, Fremdsprachen, Naturwissenschaft, Mathematik und Informatik sowie Gesellschaftswissenschaften. Das sechste Fach ist frei wählbar. Anders als beim Abitur werden in der Prüfung alle Fächer gleich stark gewichtet. Die Schüler sammeln maximal 45 Punkte. Mit 24 haben sie bestanden.
Ganz anders als das deutsche System funktionieren die A-Levels, der Schulabschluss, den britische Schüler für ein Hochschulstudium mitbringen. „Wenn ich ein deutsches Abitur gemacht habe, kann ich damit Medizin studieren, aber auch Musiklehrer werden", sagt Mirjam Auweiler. Britische Schüler hingegen wüssten schon früh, welches Fach sie an der Hochschule belegen wollen. Entsprechend wählen sie bei den A-Levels ihre Schwerpunkte. In der „Lower Sixth Form" entscheiden sie sich für vier bis fünf frei wählbare Kurse, in denen sie nach einem Jahr geprüft werden. Danach legen sie in der „Upper Sixth" drei davon fest, in denen sie die „Advanced Levels", kurz A-Levels, absolvieren wollen. In einem vierten Fach legen sie die weniger anspruchsvolle Prüfung auf dem „Advanced Subsidiary Level" (AS-Level) ab.
Wer vor einem Auslandsaufenthalt also zwischen IB und A-Levels schwankt, sollte wissen, was besser in die eigene Biografie passt: Ein spezialisierter Abschluss mit klarer Ausrichtung auf das geplante Studium oder ein allgemeinbildender mit möglichst vielen Optionen. Wichtig ist dabei auch immer die Frage der Rückkehr in die Heimat. Denn die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen der Kultusministerkonferenz bewertet die Abschlüsse unterschiedlich.
Der IB-Abschluss kommt mit seinen breit gefächerten Pflichtkursen dem deutschen Abitur sehr nahe. Deshalb wird es auch als allgemeine Hochschulzugangsberechtigung anerkannt, vorausgesetzt im Pflichtbereich wurde zwei Jahre lang Mathematik belegt. Ein weiterer Vorteil des IB bei der Anerkennung: Die Punktbewertung lässt sich direkt in den Numerus Clausus der gewünschten Hochschule umrechnen. Allerdings hat Viola Wiegand die Erfahrung gemacht, dass deutsche Universitäten nicht begeistert sind, sich mit dem Sonderfall IB zu befassen. Auf deren Internetseiten fand sie kaum Informationen zu ihrem Abschluss. „In Deutschland ist er deshalb wohl eher ein Nachteil."
Deutsche Hochschulen sind skeptisch bei Bewerbern mit britischen A-Levels
Die A-Levels treffen an deutschen Hochschulen auf noch mehr Skepsis. Die Zulassung gilt nicht allgemein, sondern fachgebunden. Nur wer unter seinen vier Wahlfächern Mathematik und eine Sprache belegt hat, kommt für ein Studium in Deutschland überhaupt in Frage. Je nach gewünschtem Studiengang gibt es dann noch weitere Vorgaben. Wer etwa in Deutschland Medizin studieren will, muss im Ausland in Chemie, einer Sprache und zwei weiteren mathematischen-naturwissenschaftlichen Fächern geprüft worden sein. Wenn also mit dem britischen Abschluss eine Rückkehr geplant ist, sollte bei der zuständigen Stelle vorher die Anerkennung geklärt werden.
Dass die A-Levels die ideale Eintrittskarte für britische Hochschulen sind, ist ein Gerücht. So steht zum Beispiel auf der Internetseite für Bewerber der Universität Oxford: „Jeder andere Kandidat mit äquivalentem Abschluss ist höchst willkommen." Dazu gehört zum Beispiel das deutsche Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,0 bis 1,5. (...)